Zukunft der Arbeit

Den Wandel gestalten – der Mensch im Mittelpunkt
Baden-Württemberg ist ein guter Wirtschaftsstandort. Wir haben starke Industrien und ein großes Potential für Innovationen. Zentral für den wirtschaftlichen Erfolg unseres Landes sind engagierte Beschäftigte, die den Wandel in der Arbeitswelt tragen und gestalten. Betriebsrät/innen, Personalrät/innen und deren Gewerkschaften übernehmen konkret Verantwortung und stärken damit ihre Unternehmen. Insgesamt hat Baden-Württemberg eine gesunde Mischung aus großen und kleinen Unternehmen, Industrie und Dienstleistung, Handwerk und Forschung. Dieser Mix vom Soloselbständigen bis zum Weltmarktführer macht die Stärke der Wirtschaft des Landes aus. Wir wollen Baden-Württemberg dauerhaft positionieren als Musterland für Spitzentechnologie, Wohlstand, gute Arbeit und den ökologisch-sozialen Umbau unserer Arbeitswelt.
Mit der Anforderung einer klimafreundlichen Mobilität steht allerdings besonders die Leitindustrie Automobil unter großem Druck zur Veränderung. Die SPD in Baden-Württemberg begreift den Wandel unserer Arbeitswelt in erster Linie als eine Chance für eine nachhaltige Wirtschaft und Gesellschaft, für zukunftsfähige und gute Arbeit. Diese Chance wollen wir im Interesse der Bürger*innen Baden-Württembergs nutzen. Dafür müssen und wollen wir den Wandel aktiv gestalten. Die Gestaltung des Wandels ist für uns ein gesamtgesellschaftliches Projekt:

  • Der Wirtschafts- und Strukturpolitik
  • Der Arbeitsmarktpolitik
  • Der Umwelt- und Verkehrspolitik
  • Der Wissenschafts-, Innovations- und Bildungspolitik

Für diesen Prozess und den Erhalt unserer starken Wirtschaft wollen wir eine „neue konzertierte Aktion“ in Baden-Württemberg umsetzen. In dieser stimmen sich Vertretungen von Beschäftigten und Arbeitgebenden, Expert/innen und die Politik miteinander ab, wie die Transformation gelingen und Wohlstand und Wachstum gefördert werden können.
In Unternehmen mit Landesbeteiligung wird die Gemeinwohlbilanz als Instrument für nachhaltiges Wirtschaften eingeführt.

Beschäftigung sichern: Fachkräfte-Offensive, Aus- und Weiterbildung
Alle Wirtschaftsbereiche in Baden-Württemberg haben einen gesteigerten Bedarf an Fachkräften. Und umgekehrt hemmt der Mangel an qualifiziertem Personal in vielen Bereichen das Wachstum.
Wir wollen die Beschäftigten von heute vorbereiten auf die Arbeit von morgen. Arbeitnehmer/innen sollen nicht erst weitergebildet werden, wenn sie ihren Arbeitsplatz verloren haben, sondern bereits während ihrer Beschäftigung im Betrieb.
Das Ausmaß der wirtschaftlichen Folgen der Pandemie ist noch offen. Doch die Wirtschaft ist schon jetzt von Unsicherheit geprägt. In bestimmten Branchen zeichnet sich der Abbau von Arbeitsplätzen schon ab. Exporte aus Baden-Württemberg gehen in viele Länder, die stärker von der Krise betroffen sind als wir. Dabei ist die Corona-Krise nur ein – wenn auch sehr großer – Faktor in einer Arbeitswelt mitten im Umbruch. Unsere Antwort ist: Beschäftigung sichern, Wandel gestalten.
Zusammen mit den Sozialpartnern, den Kammern, der Arbeitsagentur und den Weiterbildungsträgern entwickeln wir branchen- und regionsbezogene Strategien für die Transformation unserer Wirtschaft. Wir kämpfen um jeden Industriearbeitsplatz. Zentral sind die Handlungsfelder Technologie, Finanzierung und Qualifizierung. Von besonderer Bedeutung sind für uns Strategien für die Weiterbildung der Beschäftigten. Denn wir werden auch in Zukunft alle brauchen und allen Perspektiven für gute Arbeit bieten.
Darüber hinaus setzen wir auf:

  • Einen Weiterbildungsfonds des Landes, um Arbeitnehmer/innen im Wandel weiter zu qualifizieren.
  • Durchdachte Zuwanderung und ein zügiges, transparentes Verfahren zur Anerkennung ausländischer Abschlüsse.
  • Ein Initiativrecht der Betriebsräte und Personalräte für  Qualifizierung und Weiterbildung.
  • Wir ermöglichen familienorientierte Weiterbildung auch in Teilzeit-Modellen.

Unser Ziel ist klar: Niemand mehr ohne Ausbildung. Wir setzen uns für eine staatliche Ausbildungsgarantie ein und begegnen so auch dem Corona-bedingten Rückgang von Ausbildungsplätzen. Mit uns wird jede/r Einzelne in der beruflichen Weiterbildung profitieren. Wir erhalten das Bildungszeitgesetz und legen einen Weiterbildungsfonds für Beschäftigte auf, der die Förderung der Agenturen für Arbeit ergänzt. Der Fokus liegt hier besonders auf kleinen und mittleren Unternehmen und Beschäftigten, die neue berufliche Perspektiven benötigen. Einem Mangel an dualen Ausbildungsplätzen wirken wir entschieden entgegen. Dazu schaffen wir mehr staatliche duale Ausbildungsstellen. Wir fördern Verbundlösungen, bei denen mehrere Betriebe die Ausbildung gemeinsam durchführen.

Tarifbindung stärken
Gute Arbeit kommt dann für viele Beschäftigte, wenn die Tarifparteien gute Arbeitsbedingungen vereinbaren und auch durchsetzen können. Land und Kommunen als öffentliche Auftraggeber haben dabei eine Vorbildfunktion.
Wir werden daher das Landestariftreue-und Mindestlohngesetz zu einem guten Vergabe- und Tariftreuegesetz weiterentwickeln. Hierzu gehört für uns, dass das Gesetz für alle öffentlichen Auftragsvergaben gelten soll. Bei öffentlichen Vergaben wird ein vergabespezifischer Mindestlohn in Höhe von derzeit 12,47 Euro/Stunde festgelegt. Künftige Anpassungen des Tarifs werden automatisch berücksichtigt. Unternehmen, die sich auf öffentliche Aufträge bewerben, müssen der Tarifbindung ihrer Branche unterliegen oder vergleichbare Bedingungen in einem Haustarifvertrag regeln. Zudem knüpfen wir die Landesbeteiligung an Unternehmen an die Einhaltung sozialer Kriterien, wie das Zahlen von Tariflöhnen. Das soll ausdrücklich auch für die in der Leiharbeit Beschäftigten und Arbeitnehmer/innen mit Werkverträgen gelten.
    
Gleiches Recht, gleicher Lohn für Frauen

Über 100 Jahre nach Einführung des Frauenwahlrechts sind wir in Deutschland und Baden-Württemberg in Sachen Gleichstellung ein großes Stück vorangekommen. Allerdings bleibt auch noch viel zu tun. Wir werden die nächste Legislaturperiode zu einer Legislatur der Gleichstellung machen.
Frauen verdienen das Gleiche, erhalten aber immer noch weniger Lohn als ihre männlichen Kollegen – auch weil sie oft statt Lohnarbeit unbezahlte Sorgearbeit leisten. Der Kampf gegen die Lohnlücke muss auf allen Ebenen entschieden weitergeführt werden.

Arbeitnehmer*innen schützen
Arbeitnehmer/innenrechte werden bislang oft übergangen. Wir statten die Behörden für Arbeitsschutz personell so aus, dass sie die notwendigen Kontrollen in den Betrieben durchführen können. Häufigere Kontrollen sorgen dafür, dass Standards bei der Unterbringung und Arbeitszeiten z.B. in der Fleischindustrie und in der Saisonarbeit eingehalten werden.

Industrie im Fokus: Auto und vieles mehr
Baden-Württemberg ist der größte Industriestandort in Deutschland und einer der wichtigsten in Europa. Die Maschinenbau- und Automobilindustrie ist nach wie vor prägend für Baden-Württemberg. Gleichzeitig zieht der Standort seine Stärke aber auch aus einer großen Branchenvielfalt mit der umsatzstarken Chemieindustrie und der Elektronik-, Metall-, Papier- und Textilindustrie sowie Medizintechnik. Hinzu kommen inzwischen ein starker Dienstleistungssektor und eine wachsende Gründerszene.
Wir wollen das Handwerk als wichtigen Arbeitgeber vor Ort und die berufliche Bildung stärken. Um diese Stärke zu erhalten und auszubauen, braucht es wirtschaftspolitischen Gestaltungswillen, der derzeit nicht erkennbar ist.

Das Auto der Zukunft – alternative Antriebstechniken vorantreiben
Rund 30 Prozent der Treibhausgas-Emissionen in Baden-Württemberg verursacht der Verkehr. Entschiedener Klimaschutz braucht also neben einem belastbaren ÖPNV auch eine echte Wende im Individualverkehr.
Das Land muss spitze werden auf dem Feld der Entwicklung und Nutzung alternativer Antriebe bei PKW. Als Sozialdemokrat/innen wollen wir die Forschungsmittel für batteriegestützte Elektro- und Wasserstoffmobilität sowie andere Kraftstoffe drastisch erhöhen. Für uns ist klar: Der Verbrennungsmotor mit fossilen Kraftstoffen hat keine Zukunft. Um den richtigen ordnungspolitische Rahmen zu entwickeln, wollen wir auf Bundesebene die bestehenden Dialogprozesse – analog zur Kohlekommission – in eine Kommission für Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung in der Automobilbranche zusammenführen. In dieser sollen gemeinsam mit den betroffenen Ländern, der Automobil- und Zuliefererindustrie, den Gewerkschaften, Wissenschaft und den Umweltverbänden ein Konsens für den Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor erarbeitet werden. Entsprechende Gespräche werden wir auf Landesebene ebenfalls anstoßen, setzen jedoch auf eine bundesweite Lösung. 
Unternehmen der Automobilindustrie und deren Zulieferer unterstützen wir gezielt auf dem Weg zur Antriebswende. Mit einem landeseigenen Fonds beteiligen wir uns an mittelständischen Zuliefererbetrieben, um deren finanzielle Basis im technologischen Wandel zu sichern und damit Arbeitsplätze zu erhalten.
Außerdem wollen wir klimaverträgliche Fahrzeuge durch die bessere finanzielle Förderung bezahlbar machen. Wir stehen den Kommunen beim Ausbau der nötigen Infrastruktur wie E-Ladesäulen zur Seite, damit ein flächendeckendes Netz entsteht.

Zukunft im Blick: Gründer/innen und Innovation unterstützen
Die mittelständisch geprägte Wirtschaft in Baden-Württemberg braucht auch für die kleinen und mittleren Betriebe einen Innovationstransfer. Dadurch bleibt sie wettbewerbsfähig. Politisch werden wir deshalb diese Unternehmen durch die Einrichtung einer eigenen Landesinnovationsagentur unterstützen. Wir wollen mit der Landesinnovationsagentur die Zusammenarbeit aller Akteur/innen verbessern.
Wir erwarten auch eine gute und enge Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und den Zulieferern. Eine gemeinsame Veränderung der Produkte und die Einbindung der Zulieferer muss die Regel werden. Wir wollen dafür sorgen, dass Baden-Württemberg zum attraktivsten Standort für Gründer/innen und Start-ups mit hoher Innovationskraft wird. Das gilt ausdrücklich auch für eine Landesoffensive für „Gründer/innenzentren im Handwerk“, bei denen die Verbindung zwischen Hightech, Digitalisierung und Handwerk herausgestellt wird. Bestehende Landesfinanzierungsmodelle werden wir verstetigen.
Wir setzen auf den weiteren Ausbau der Kreativwirtschaft. Wir fördern gute Rahmenbedingungen für wirtschaftlich selbsttragende mittelständische Unternehmen, auch zur Förderung ihrer internationalen Wettbewerbsfähigkeit. Ebenso entwickeln wir im Dialog mit Soloselbständigen und Freiberufler/innen Programme, um deren wirtschaftliche Existenz zu sichern. Der Aufbau einer Förderung für den Animationsfilm ist Dreh- und Angelpunkt des zukünftigen Wachstums in einem aufstrebenden Wirtschaftsbereich.
Gleichzeitig muss das Land einen Risikokapitalfonds auflegen, der diesen Namen auch verdient. Der Risikokapitalfonds muss mit mehr Geld ausgestattet werden. Er unterstützt Gründer/innen bei der Finanzierung in den ersten Jahren ihres Unternehmens.